Weniger spritzen im Weinberg dank Piwi-Reben

Pilzwiderstandsfähige Rebsorten, kurz Piwi, sind in der Schweiz im Kommen. Welche Vorteile haben sie? Und wo stehen Johanniter, Solaris & Co. im Vergleich zu den alten Sorten?

© Agroscope/PriscaKoller
Wednesday 30 Oct 2024 Nachhaltigkeit

Um ihre Reben gegen Pilzbefall zu schützen, müssen Winzerinnen und Winzer sie regelmässig mit Spritzmitteln behandeln. Egal ob mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln im konventionellen Rebbau oder mit Kupfer auf einem Bio-Weingut: Diese Arbeit kostet viel Zeit und Geld und wirkt sich auf das Ökosystem im Rebberg aus.

Abhilfe schaffen da die robusten Rebsorten namens Piwi, kurz für pilzwiderstandsfähig. Sie müssen viel weniger oder gar nicht wegen Falschem oder Echtem Mehltau behandelt werden, was die Umwelt schont und Ressourcen spart.

Jahrelange Arbeit bis zur neuen Piwi-Sorte

Piwi-Rebsorten sind das Ergebnis von jahrelanger Züchtung. Genauer werden dafür traditionelle europäische Weinreben (Vitis Vinifera) mit wilden robusten Reben gekreuzt. Diese Prozedur ist zeitintensiv und langwierig: Bis zur Perfektion einer Rebe braucht es rund 10’000 Kreuzungsversuche.

Wenn eine neue Sorte auf den Markt gelangt, können deshalb schon einmal 30 Jahre Arbeit dahinterstecken. Schliesslich muss die Rebe nicht nur robust sein, sondern der daraus hergestellte Wein muss den Konsumentinnen und Konsumenten auch gut schmecken.

Piwi-Rebsorten sind auf dem Vormarsch

Die Fläche der pilzwiderstandsfähigen Rebsorten in der Schweiz beträgt aktuell knapp über 500 Hektar, das sind 3,5 Prozent der Gesamtfläche (2023: 14’569 Hektar Rebfläche in der Schweiz).

Gemäss der weinwirtschaftlichen Statistik von 2023, herausgegeben vom Bundesamt für Landwirtschaft, gewinnen pilzwiderstandsfähige Rebsorten an Popularität. So hat etwa die Fläche der roten Sorte «Divico» in besagtem Jahr um 12,8 Prozent zugenommen. Diejenige der weissen Sorte «Souvignier Gris» gar um 31 Prozent.

Vor allem in der Deutschschweiz wachsen die Piwi-Weinflächen stark. In Luzern machen sie rekordverdächtige 40 Prozent der Rebfläche aus!

Die bekanntesten Piwi-Sorten der Schweiz

Zu den am häufigsten angebauten Piwi-Sorten in der Schweiz gehören:

Weisse Piwi-Sorten

  • Johanniter

  • Solaris

  • Muscaris

Rote Piwi-Sorten

  • Divico

  • Regent

  • Cabernet Jura

Cabernet Jura

Dazu kommt eine Vielzahl weiterer Sorten, die teilweise nur auf ganz kleinen Flächen angebaut werden. Aktuell gibt es schon über 100 verschiedene Piwi-Trauben!

Die Anerkennung von Piwi-Rebsorten wächst

Trotz ihrer Vorzüge machen die pilzwiderstandsfähigen Rebsorten im Schweizer Weinbau nur einen kleinen Teil aus. Es ist ein langer Weg, bis die Konsumentinnen und Konsumenten ebenso selbstverständlich einen Solaris bestellen, wie sie das bei einem Sauvignon Blanc tun.

Doch auch Expertinnen und Experten stellen den Weinen vermehrt ein gutes Zeugnis aus. So hat beispielsweise am Grand Prix du Vin Suisse 2024 ein Muscaris aus dem Thurgau den zweiten Platz in der Kategorie sortenreine Weissweine abgeräumt – und das in Konkurrenz mit alteingesessenen Rebsorten.

Es bleibt unbestritten, dass Piwi-Weine geschmacklich nicht 1:1 mit den alteingesessenen Rebsorten vergleichbar sind. Wer einen Chasselas trinken möchte, sollte also lieber einen solchen bestellen. Wer jedoch Lust auf Neuentdeckungen hat und bereit ist, sich auf ungewohnte Aromen einzulassen, ist beim Piwi genau richtig.

Schweiz. Natürlich.