Weinbau in Schaffhausen: «Die kühlen Lagen könnten zu den besten werden»

Bei Stephan Keller von der Rötiberg Kellerei dreht sich vieles um die Blauburgunder-Traube – er liebt sie, obwohl sie heikel ist.

©Swiss Wine Promotion
Tuesday 16 Jul 2024 Nachhaltigkeit

Pinot Noir, auch bekannt als Blauburgunder, ist die meistangebaute Traubensorte der Schweiz. In Schaffhausen ist mit dem Blauburgunderland gar die ganze Weinregion nach der Traube benannt.

Stephan Keller ist Geschäftsführer der Rötiberg Kellerei in Wilchingen. Er erzählt, wie es um die Qualität des Schweizer Weins steht und welche Gefahr der Hauptrebensorte seiner Region droht.

Stephan Keller, wann haben Sie zuletzt ausländischen Wein getrunken?

Ungefähr vor einem Monat. Mich interessiert, was die Länder um uns produzieren und wie sie sich entwickeln. Zudem habe ich Kollegen in Rioja und Barolo, mit denen ich in Kontakt stehe und deren Wein ich gerne probiere.

Wie überzeugen Sie Ihre Kundschaft, Schweizer Wein zu kaufen?

Vor allem mit der Regionalität. Wir produzieren unsere Weine komplett in der Region. Auf dem Weg in den Keller legen die Trauben nicht mehr als vier Kilometer zurück. Ausserdem hat die Schweiz in den letzten Jahren grosse Schritte in punkto Qualität gemacht und steht den ausländischen Weinen in nichts nach.

Wie zeigt sich das?

Früher waren Schweizer Weine drei, vier Jahre lang haltbar. Heutige Weine dagegen kann man auch noch in 15 Jahren geniessen. Die Ertragsbeschränkung, das Klima und die schonendere Kellerarbeit haben dazu beigetragen, dass die Qualität der Schweizer Weine gestiegen ist.

Stephan Keller, Rötiberg Kellerei

Inwiefern hat das Klima dazu beigetragen?

Vor 30 Jahren wiesen die Trauben bei der Ernte einen durchschnittlichen Öchslegrad (Zuckergehalt im Most) von 85 auf. Man hat versucht, die Trauben hängen zu lassen, bis sie 90 hatten. Heute sind es bereits am ersten Tag der Weinlese 100 Öchsle. Es geht so weit, dass wir mehr Laub hängen lassen müssen, damit die Trauben Schatten erhalten. Die heute kühlen Lagen könnten in Zukunft zu den besten werden. Die sonnigen Lagen dagegen könnten für den Pinot Noir zu viel Hitze abbekommen.

Machen Ihnen das Sorgen?

Ich bin nicht der Typ, der sich gross Sorgen macht. Lieber überlege ich, was wir verändern können. Hier in Schaffhausen bauen wir zu 70 Prozent Blauburgunder an – in Bezug auf die Sonne eine heikle Sorte. Bei zu viel Sonne erhalten wir im Wein zu hohe Alkoholgrade.

Wie begegnen Sie dieser Herausforderung?

Unter anderem müssen wir beim Pinot Noir durch mehr Blätter Schatten erzeugen. In den letzten Jahren haben wir aber auch drei Hektar Pinot Noir mit Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Zweigelt und Tempranillo ersetzt. Die neu angepflanzten Sorten können mit mehr Sonne umgehen.

Produziert die Rötiberg Kellerei ihre Weine auf konventionelle oder biologische Weise?

Seit zwei Jahren produzieren wir auf einem Hektar biologisch gemäss den Richtlinien von Bio Suisse, die anderen 29 Hektar sind konventionell. Grundsätzlich betreiben wir Pflanzenschutz wir nur dann, wenn wir müssen. Wir versuchen einen verhältnismässigen Weg einzuschlagen und können so Spritzmittel sparen.

Möchten Sie künftig vermehrt biologischen Wein produzieren?

Für mich ist Bio nicht immer besser. Man muss viel mehr Pflanzenschutz betreiben und öfter in die Reben fahren. Entsprechend sind der CO₂-Ausstoss und die Bodenbelastung höher.

Stephan Keller, Rötiberg Kellerei

Wieso kostet Schweizer Wein oftmals mehr als solcher aus dem Ausland?

Materialien wie Flaschen und Korken sind im EU-Raum günstiger als bei uns. Ebenso Maschinen und Arbeitsstunden. Trotzdem sind wir mit unseren Schweizer Weinpreisen konkurrenzfähig gegenüber den ausländischen Weinen – vom günstigen Supermarkt-Wein, über preiswerte Weine ab Weingut bis zu hochpreisigen Weinen.

Zum Schluss: Welche ist Ihre liebste Rebsorte?

Natürlich Blauburgunder! (lacht) Es ist eine anspruchsvolle Sorte, aber gleichzeitig sehr filigran. Das Terroir kommt beim Pinot Noir stark zur Geltung und es ist möglich, viele verschiedene Weinstile daraus zu kreieren. Und es ist spannend, eine Flasche Blauburgunder nach 15 Jahren Lagerung zu öffnen und zu geniessen.

Welcher ist Ihr Lieblingswein und wozu trinken Sie ihn gerne?

Das ist der Pinot Noir Rötiberg Reserve, ein Lagenwein aus einer Südlage, wo von morgens bis abends die Sonne scheint. Der Ertrag in den Reben wird auf 600 Gramm pro Quadratmeter reduziert, der Wein zweieinhalb Jahre lang im Fass ausgebaut und unfiltriert abgefüllt. Am liebsten trinke ich ihn zu einem Stück Fleisch vom Grill.

Schweiz. Natürlich.