Weinlese in der Schweiz: Die Etappen vom Rebberg in den Keller

©Bosco Yip
Tuesday 17 Sep 2024 Nachhaltigkeit

Die Weinlese krönt die harte Arbeit eines ganzen Jahres. Doch was genau passiert während der Weinlese? Hier erfahren Sie mehr über die wichtigsten Arbeitsschritte vom Rebberg bis in den Keller.

1. Bestimmung des richtigen Erntezeitpunkts

Der erste und wichtigste Schritt der Weinlese ist die Wahl des Erntezeitpunkts. Dabei spielt das richtige Zusammenspiel von Zucker, Säure und Aroma in den Trauben eine entscheidende Rolle. Winzerinnen und Winzer messen regelmässig den Zuckergehalt (Oechsle-Grad) und die Säurewerte der Trauben.

2. Die manuelle oder maschinelle Lese

Sobald der Zeitpunkt festgelegt ist, beginnt die Weinlese. In steilen Schweizer Rebbergen, wie man sie z. B. am Genfersee oder im Wallis findet, ist die maschinelle Ernte oft nicht möglich. Hier wird von Hand gelesen – eine mühsame, aber präzise Methode, bei der nur die besten Trauben ausgewählt werden. In flacheren Regionen kommen auch Traubenvollernter zum Einsatz. Diese Maschinen können grosse Mengen an Trauben in kurzer Zeit ernten, sind jedoch weniger selektiv.

3. Sortieren und Selektion

Nach der Ernte müssen die Trauben nochmals sortiert werden. Bei der manuellen Lese erfolgt diese Selektion oft direkt in den Reben. Bei maschinell geernteten Trauben findet die Selektion im Weinkeller statt. Hier werden faule, unreife oder beschädigte Beeren aussortiert.

Weinlese_Vendanges

4. Abbeeren und Maischen

Nun folgt der Schritt des Abbeerens, bei dem die Beeren von den Stielen getrennt werden. Anschliessend werden die Trauben eingemaischt: Die Beeren werden gequetscht, um den Saft freizusetzen. Die Maische besteht aus Fruchtfleisch, Saft, Schalen und Kernen. Dieser Schritt ist vor allem für die Rotweinproduktion wichtig, da die Schalen die Farb- und Aromastoffe freisetzen.

5. Pressen der Trauben

Nachdem die Maische ihre Aromen und Farbstoffe freigegeben hat, wird sie gepresst. Dabei wird der Most von den festen Bestandteilen getrennt. Für Weisswein erfolgt die Pressung oft direkt nach dem Abbeeren, damit die Schalen nicht zu lange Kontakt mit dem Saft haben und der Wein seine helle Farbe behält. Bei Rotwein verbleibt die Maische oft länger zusammen, um Farbe und Tannine aufzunehmen.

6. Mostklärung

Nach dem Pressen wird der Most geklärt. Trubstoffe wie Fruchtfleischreste, Schalenpartikel und andere Feststoffe werden entfernt. Dies geschieht durch natürliche Sedimentation oder durch eine Zentrifuge.

7. Alkoholische Gärung

Nun beginnt die alkoholische Gärung, wobei der Zucker in Alkohol und Kohlendioxid umgewandelt wird. Findet die Gärung durch die traubeneigenen Hefen statt, wird dies als Spontangärung bezeichnet. Oftmals werden dem Most jedoch Reinzuchthefen hinzugefügt. Die Gärung dauert je nach Weinsorte mehrere Tage bis Wochen.

8. Biologischer Säureabbau

Viele Rotweine und einige Weissweine durchlaufen nach der alkoholischen Gärung den biologischen Säureabbau. Hierbei wandeln Milchsäurebakterien die harte Apfelsäure in weichere Milchsäure um. Dieser Prozess verleiht dem Wein eine rundere, geschmeidigere Textur und reduziert die Säure.

9. Reifung im Fass oder Tank

Nachdem die Gärung abgeschlossen ist, beginnt die Reifung. Die Weine werden zum Beispiel in Edelstahltanks, Holzfässern oder Barriques gelagert. Die Wahl des Gefässes beeinflusst den Charakter des Weins massgeblich – so können etwas Holzfässer dem Wein zusätzliche Aromen wie Vanille, Toast oder Gewürze verleihen.

Fazit

Die Weinlese ist weit mehr als nur das Pflücken von Trauben – sie ist ein komplexer Prozess, bei dem handwerkliches Können, Erfahrung und Leidenschaft Hand in Hand gehen. Jeder Schritt von der Bestimmung des Erntezeitpunkts bis zur Reifung im Fass trägt dazu bei, die Qualität und den Charakter des Weins zu formen.

Schweiz. Natürlich.