«Es geht darum, den Wein sprechen zu lassen»

Der mit dem Michelin Sommelier Award ausgezeichnete Loris Lenzo spricht über seine Liebe zum Wein und den Einsatz, der hinter einer exzellenten Weinkarte steckt.
© Einstein Gourmet
Tuesday 26 Nov 2024 Gastronomie

Loris Lenzo ist seit 2020 Restaurantmanager und Sommelier im Restaurant Einstein Gourmet in St. Gallen. Im Oktober wurde der gelernte Koch und Restaurationsfachmann mit dem Michelin Sommelier Award 2024 ausgezeichnet.

Loris Lenzo, wie erklären Sie Ihren Erfolg als Sommelier?

Nötig sind Fleiss und Neugierde, aber vor allem viel Leidenschaft. Weiter verfüge ich über eine gesunde Selbstkritik und eine gewisse Bodenständigkeit. Man muss nicht ständig alles neu erfinden, sondern das Handwerk mit Hingabe ausüben. Es ist mir wichtig, den Gast nicht von meinem persönlichen Weingeschmack überzeugen zu wollen. Ohne mein Team, das mich unterstützt und mir wertvolle Zeit mit den Gästen verschafft, könnte ich meine Arbeit nicht im gleichen Masse ausführen.

Wieso braucht es als Sommelier Fleiss?

Es braucht viel Zeit, das eigene Wissen zu vertiefen und die Weinkarte aktuell zu halten. Unser Weinkeller umfasst über 3000 Positionen: Da den Überblick zu behalten, erfordert Fleiss. Ich inventiere regelmässig und überprüfe jede Flasche.

Haben Sie von jedem Wein probiert?

Ich habe alle Weingüter degustiert, jedoch noch nicht jeden Jahrgang. Mittlerweile wird meine Meinung bei den Gästen sehr geschätzt, weshalb ich schon viele Jahrgänge verschiedener grosser Produzenten degustieren durfte. Mit einer Ausnahme: Der Château Le Pin ist die einzige Rarität, die ich noch nicht probieren konnte.

Wie sehen Sie Ihre Rolle als Sommelier?

Die Rolle als Sommelier ist mit einer grossen Verantwortung dem Gast, der Küche und dem Betrieb gegenüber verbunden. Ich verstehe mich als Vermittler zwischen Weingut, Küche und Gast. Dabei geht es einerseits darum, den Wein für sich sprechen zu lassen und andererseits um das Aussprechen von Empfehlungen, die den Geschmack des Gastes treffen. Dazu befasse ich mich auch sehr viel mit Food und Wine-Pairing. Das ist die kreative Seite am Beruf.

Loris Lenzo, Einstein Gourmet

Wie begann Ihre Leidenschaft für Wein?

Nach der Kochlehre führte die Abschlussreise meiner Zweitausbildung im Service in die Champagne. An diesem speziellen Ort, inmitten der Reben, habe ich eine besondere Verbindung gespürt. Diese Begeisterung hat mich geprägt und den Funken respektive die Begeisterung für Wein in mir entfacht.

Und diese Faszination hält bis heute an?

Das ist die Voraussetzung für meinen Beruf. Wein bringt Menschen zusammen, regt Gespräche an und schafft Emotionen. Der Austausch mit unseren Gästen und den Winzerinnen und Winzern ist sehr interessant. Das faszinierende daran ist auch, dass die Weinwelt voller Überraschungen und Neuentdeckungen steckt. Es ist immer eine gewisse Bewegung zu spüren. Das zieht mich an.

Was muss ein Wein mitbringen, damit Sie ihn auf Ihre Weinkarte nehmen?

Er muss zur Küche und zu unseren Gästen passen und qualitativ hochwertig sein. Zudem soll er in unser Programm passen: Wir bieten Weine aus der Schweiz, Frankreich, Italien, Spanien, Österreich und Deutschland an. Zudem streben wir Jahrgangstiefen an sowie eine Mischung aus bekannten Weinen respektive sogenannten «Bluechips» und solchen, die es noch zu entdecken gilt.

Welche Trends beobachten Sie bei den Vorlieben der Gäste?

Trends kommen und gehen. Grundsätzlich greifen aber die jüngeren Weintrinkerinnen und -trinker bei uns im Restaurant öfter zu Bio-, Demeter- und Naturweinen. Derweil bleiben ältere Gäste meist bei klassisch hergestellten Weinen.

Wie stehen Sie selbst zu Naturweinen?

Als Sommelier darf ich keine Scheuklappen haben. Es gibt sowohl Natur- als auch klassische Weine auf unserer Karte. Ich persönlich grenze da auch gar nicht so fest ab: Wichtig ist mir die Qualität, unabhängig vom Stil, und dass mich der Wein berührt und er mir Freude macht.

Wie bedeutend ist Schweizer Wein in Ihrer Auswahl?

Sehr bedeutend. Die Nachfrage nach einheimischen Weinen wächst in der ganzen Schweiz, auch bei uns im «Einstein». Entsprechend bilden Schweizer Weine einen Schwerpunkt in unserem Programm. Im Besonderen die Bündner Herrschaft. Auch ist es mir wichtig, dass St. Gallen vertreten ist.

Wie beurteilen Sie die Qualität des Schweizer Weins?

Da kann ich zu 100 Prozent dahinterstehen. Der Anspruch unserer Winzerinnen und Winzer an die Qualität und Typizität ihrer Weine ist enorm. Sie sind bestrebt, die jeweiligen Gebiete oder Lagen zu widerspiegeln und auszuarbeiten. Das beeindruckt mich immer wieder aufs Neue.

Schweiz. Natürlich.